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Rede zur Eröffnung der Ausstellung
Cornelia Mittendorfer, Waltraud Palme
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in der menzel.Galerie Nordafrika am 6. November 2012
Zunächst erscheint alles ganz logisch: Eine Galerie für nordafrikanische Kunst stellt zwei Fotokünstlerinnen aus, die ihre Motive in Afrika gefunden haben. Doch bei genauem Hinsehen treten unvermittelt allerlei Unterschiede hervor: Die eine, Waltraud Palme, zeichnet, die andere, Cornelia Mittendorfer, fotografiert; die eine blieb zu Hause und fand träumend zu ihren Bildern; die andere war tatsächlich dort, nämlich in Mozambique, wo ihre Ansichten entstanden. In Palmes Kopf tummelten sich Menschen und Tiere, die sie zu Papier brachte; Mittendorfers Augen richteten sich auf weitgehend unbelebte Szenerien, auf verlassene Straßen und verfallene Gebäude, die sie mit der Kamera festhielt. Man könnte sagen: Die eine brachte Leben ins Bild, die andere sah im Gegenwärtigen das Vergängliche – so werden in den beiden Serien das Entstehen und das Verschwinden konfrontiert: konstitutive Elemente, die jede Fotografie auszeichnen.
Und weiters: Waltraud Palme liefert schwarzweiße Kreationen, in denen schwarze Personen auftreten. Das verwundert nicht besonders, denn solche Erscheinungen entsprechen der vorherrschenden Hautfarbe auf diesem Kontinent. Allerdings handelt es sich eigentlich um weiße Zeitgenossen, die erst durch den Belichtungsvorgang zu schwarzen geworden sind. Denn die Zeichnung auf der Folie wird gewendet, die Striche bilden sich weiß ab, die leeren Flächen werden schwarz. Dies ist eine Eigenart von Fotografien und von Fotogrammen, die das Positive ins Negative wenden.
Auch Cornelia Mittendorfer benötigt zwei Schritte, um zu ihren bildlichen Ergebnissen zu gelangen. Sie belichtet zweimal, nachdem dem Objektiv jeweils eine andere Perspektive verschafft worden ist. Diese Überlagerung zeitigt gewisse Unschärfen im Bild, allerdings wird zugleich ein Mehr an Informationen eingebracht. Es sind zwei Blicke, die die Fotografin auf die Häuser und Plätze in Mozambique wirft, wobei jeweils eine Ansicht etwas deutlicher ausfällt. Wie im Realen, wenn man den Kopf wendet und ein neues Motiv fokussiert, aber das vorangegangene noch schemenhaft präsent ist. Es durchdringen sich – wie bei Palme in der fotogrammatischen Wiedergabe von Zeichnungen – augenscheinlich zwei Zeiten: eine frühere und die spätere. Und damit stoßen wir auf das Gemeinsame dieser beiden Werkgruppen, die jeweils mit den technischen Mitteln fotografischer Prozeduren eine Verdeutlichung ihrer Ansichten bewerkstelligen – und zugleich eine Ver(un)klärung betreiben, die letztlich ihren Reiz ausmacht.
Waltraud Palme wendet sich von der Impulsivität des Zeichnens weg und überführt das Produkt in das kalte Medium des Fotogramms. Das Träumerische einer Reise wird dem grellen Licht ausgesetzt und in die Nüchternheit eines belichteten Fotomaterials überführt. Sie selbst sieht darin einen „magischen Vorgang“, wie sie schreibt, denn das Fotogramm entstehe „im Dunkeln auf einmal“: Sie bringt also ihre Träume vom Reisen ein zweites Mal ans Licht.
Bei Cornelia Mittendorfer wird das Reale in das Phantastische der fotografischen Doppelbelichtung überführt und dergestalt gleichfalls ein neuer Raum eröffnet. In diesem sind die gewesenen Augenblicke aufgehoben – wie im Gedächtnis, zu dem nur die Erinnerung Zugang findet. Diese zeichnet sich nicht durch Detailschärfe, wie sie die Fotografie anbietet, aus, sondern sie manifestiert sich in tastenden Versuchen, die im Ungefähren Halt suchen. Insofern haben sie auch etwas von Träumen, sind Fragen an eine zukünftige Welt hinter den Ruinen der Gegenwart.
Bei allen analytischen Bemühungen erreichen meine Ausführungen nicht jenen eigenartigen Zauber, der hinter der Nüchternheit des gezeichneten Strichs und dem maroden Zustand der Gebäude verborgen liegt: jenen Anflug eines Märchenhaften, das die fototechnischen Mittel der Darstellung auf besondere Weise mit den verträumten Blicken ihrer Schöpferinnen versöhnt.