EINDRINGLINGE  |  INTRUDERS


Die dalmatinische Küste mit ihren Inseln hat schon viele Eindringlinge gesehen – unter anderen Venezianer, Ungarn, Italiener und Österreicher, heftig bekämpft oder letztlich als Schutzherren akzeptiert. Auch andere Eindringlinge, wie die Touristen, wecken ambivalente Empfindungen. Nicht nur Dubrovnik leidet unter dem Ansturm. Wenn eines der großen Kreuzfahrtschiffe in Zadar anlegt, dann verschwindet die Halbinsel mit der Altstadt aus dem Blick. 

 

Schon 1838 eröffnete die größte Schifffahrtsgesellschaft Österreich-Ungarns einen Liniendienst von Triest bis in die Bucht von Kotor. Das Unternehmen beauftragte den Maler und Zeichner Giuseppe Rieger mit der Wiedergabe der Landschaften und Häfen auf dieser Strecke. Die Panoramen – ein fast 10 Meter langer Leporello - waren als exklusive Werbeträger nicht im Handel, sondern ausschließlich für die Passagiere der Gesellschaft erhältlich. 

 

Auf einem anastatischen Nachdruck (Rom 1991) dieses einzigartigen Werks in der Geschichte adriatischer Seekartographie lasse ich Eindringlinge als Zeichnungen vor der Küste landen. Die Formerfindungen verstellen manchmal den Blick, kokettieren mit Transparenz, überwölben und überwältigen Städte, simulieren Leichtigkeit oder scharfkantige Abwehr und spielen mit Schwarzblenden auf den filmischen Aspekt des Panoramas an. Sie beziehen sich auf die ins Auge springende Dominanz touristischer Präsenz an vielen Orten im Kontrast zum vermarkteten Image und tatsächlich noch mehr oder weniger intakt gebliebenen Teilen der Küste.  

 

Bleistift auf Lithographie, 16 x 990 cm, gefaltet (anastatischer Nachdruck | Faksimile der Originalausgabe von 1853 des Panoramas der Küste und der Inseln Dalmatiens bei den Reisen mit den Dampfschiffen des Lloyd Austria, gezeichnet von Giuseppe Rieger, Rom 1991), 2025

 

 

 

The Dalmatian coast with its islands has seen many invaders - including Venetians, Hungarians, Italians and Austrians, fiercely fought or ultimately accepted as patrons. Other invaders, such as tourists, also arouse ambivalent feelings. It is not only Dubrovnik that suffers from the onslaught. When one of the large cruise ships docks in Zadar, the peninsula with the old town disappears from view.

 

As early as 1838, the largest shipping company in Austria-Hungary opened a liner service from Trieste to the Bay of Kotor. The company commissioned the painter and draughtsman Giuseppe Rieger to depict the landscapes and harbours on this route. The panoramas - a leporello almost 10 metres long - were not available commercially as an exclusive advertising medium, but only for the company's passengers.

 

On an anastatic reprint (Rome 1991) of this unique work in the history of Adriatic sea cartography, I have intruders land off the coast as drawings. The formal inventions sometimes obscure the view, flirt with transparency, arch over and overwhelm cities, simulate lightness or sharp-edged defence and allude to the cinematic aspect of the panorama with black fades. They refer to the eye-catching dominance of tourist presence in many places in contrast to the marketed image of the coast and parts of the coast that have actually remained more or less intact.  

 

Pencil on lithography,  16 x 990 cm, folded (anastatic reprint | Facsimile of the original 1853 edition of the panorama of the coast and the islands of Dalmatia during the voyages with the steamships of Lloyd Austria, drawn by Giuseppe Rieger, Rome 1991), 2025